
I. Worum geht es ?
Die Figur der Ehegatteninnengesellschaft ermöglicht es Ehegatten, die im Betrieb des jeweils anderen mitarbeiten, unabhängig der arbeitsrechtlichen Eingruppierung, eine faire Teilhabe und Partizipation am geschaffenen Vermögensmehrwert des anderen E zu erlangen.
In der Ausgangsentscheidung entschied der BGH (NJW 1953, 418) in dem Fall, in dem die Ehefrau in der Gastwirtschaft des Ehemannes voll mitgearbeitet hatte, dass nicht angenommen werden könnte, dass die mitarbeitende Ehefrau ihre wirtschaftliche Leistung zugunsten des Betriebs bzw. des Ehemannes unentgeltlich erbracht habe.
Die Entwicklung der Rechtsfigur der Ehegatteninnengesellschaft sollte einen vermögensrechtlichen Ausgleich schaffen, wenn es zur Trennung und Scheidung der beteiligten Ehegatten kommt.
Die Rechtsfigur der Ehegatteninnengesellschaft ist durch höchstrichterliche Rechtsprechung gefestigt. Trotzdem bereitet die Ehegatteninnengesellschaft in der Praxis durchaus Probleme, und wird darüber hinaus in den allerwenigsten Fällen gesehen und beachtet.
Mit aktuellem Beschluss vom 06.03.2024 XII ZB 159/23 hatte der BGH eine besondere Konstellation, bei der es sich ebenfalls um die Voraussetzungen der Ehegatteninnengesellschaft handelte, zu entscheiden.
Anders als in den „normalen“ Anwendungsfällen, bei denen der Ehegatte im Betrieb des jeweils anderen unentgeltlich bzw. zu einer weit geringeren Vergütung, als es der geleisteten Tätigkeit entspricht, mitarbeitet, ging es in aktueller vorliegender Konstellation darum, dass kurz bevor über das Gesellschaftsvermögen sowie wenige Zeit später über das private Vermögen des Ehemannes das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, die Ehefrau als Alleingesellschafterin und Geschäftsführerin eine neue GmbH gründete und der Ehemann bei dieser neu gegründeten GmbH mit einem Arbeitsvertrag angestellt war, deren Vergütung unmittelbar nach der Restschuldbefreiung auf das Dreifache angehoben wurde.
II. Voraussetzungen für die Annahme einer Ehegatteninnengesellschaft
Ausgangspunkt bei der Beurteilung ist die Zielvorstellung, die die Ehegatten mit einer Vermögensbindung verfolgen und insbesondere, ob sie mit ihrer Tätigkeit einen über die bloße Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck erreichen wollen.
Indizien für eine nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen zu bewertende Zusammenarbeit der Ehegatten können sich nach BGH (BGH FamRZ 2006, 607, 610) aus Planung, Umfang und Dauer der Vermögensbildung sowie aus Absprachen über die Verwendung und Wiederanlage erzielter Erträge ergeben (FamRZ 2002, 205).
Entscheidend ist, dass der Ehegatte für die Gesellschaft „einen nennenswerten und für den erstrebten Erfolg bedeutsamen Beitrag geleistet hat“ (BGH FamRZ 1999, 1580).
Weitere Voraussetzungen für die Annahme einer Ehegatteninnengesellschaft ist, dass die Tätigkeit des mitwirkenden Ehegatten als gleichberechtigte Mitarbeit anzusehen ist. Auch der mitarbeitende Ehepartner muss wie der Betriebsinhaber als Arbeitgeber fungieren (MüKOBGB/Grziwitz, § 1371 Rn. 16).
III. Auslegungsfrage
Mit aktueller Entscheidung stellte der BGH ausdrücklich nochmals klar, dass an das Vorliegen einer konkludent geschlossenen Ehegatteninnengesellschaft hohe Maßstäbe zu setzen sind, mithin derjenige, der sich auf das Vorhandensein einer Ehegatteninnengesellschaft beruft, diese auch zu beweisen hat.
Es gilt die Subsidiarität der durch konkludentes Verhalten errichteten Gesellschaft gegenüber ausdrücklichen Vereinbarungen der Ehepartner über Art und Umfang der unternehmerischen Beteiligung, wenn diese der gelebten Realität auch entsprechen.
IV. Asset Protection
Nach Vorgesagtem, ist wichtig, dass die sogenannte Asset Protection (ausdrückliche Vereinbarungen zwischen Ehegatten) gelebt wird und im Insolvenzfall nicht rückabgewickelt oder durch Ausgleichsansprüche wie hier: (Ehegatteninnengesellschaft) demnach zunichte gemacht werden kann.
In aktueller Entscheidung (BGH, a.a.O.) sollte das zukünftig (gemeinsam) aufzubauende Vermögen der Eheleute dem Zugriff der Gläubiger entzogen werden.
Nachdem die neu gegründete GmbH der Ehefrau im Zuge der Trennung liquidiert wurde, und das Vermögen allein der Ehefrau zugeführt wurde, versuchte der Insolvenzverwalter über die Ehegatteninnengesellschaft im Wege der Nachtragsverteilung einen Anspruch gegen die Ehefrau auf Auszahlung des hälftigen Auseinandersetzungsguthabens zu erreichen.
Dem erteilte der BGH mit vorgenannter Entscheidung eine Absage und stärkte die Asset Protection, mithin den Schutz des Vermögens vor dem Zugriff von möglichen Gläubigern des Ehemannes.
Der BGH begründete seine Entscheidung insbesondere damit, dass die neu gegründete GmbH der Ehefrau nicht zum Schutz bereits vorhandenen Vermögens, sondern zum Schutz des zukünftigen noch gemeinsam aufzubauenden Vermögens ins Leben gerufen wurde. Dies trotz der Tatsache, dass die Arbeitsvergütung unmittelbar nach der Restschuldbefreiung um das Dreifache trotz gleichbleibender Mitarbeit zugunsten des Ehemannes angehoben wurde.
V. Fazit
Eine Ehegatteninnengesellschaft zwischen Eheleuten wird in den allerwenigsten Fällen ausdrücklich mit einem Gesellschaftsvertrag geschlossen, vielmehr entsteht die Ehegatteninnengesellschaft unter Eheleuten meist schleichend, unbewusst und stillschweigend. Der mitarbeitende Ehegatte leistet grundsätzlich mehr für den Betrieb des anderen Ehegatten, als hierfür eine angemessene arbeitsvertragliche Vergütung bezahlt wird.
In solchen Konstellationen ist auf die Rechtsfigur der Ehegatteninnengesellschaft bei Trennung und Scheidung der Eheleuten besonders zu achten.
Wird der geschlossene Arbeitsvertrag in der Realität der Leistung der Mitarbeit des nicht am Betrieb beteiligten Ehegatten nicht gerecht, ermöglicht die Figur der Ehegatteninnengesellschaft die Partizipation im Zuge der Scheidung an der Vermögensmehrung des Betriebs, was durchaus zu sehr hohen Ausgleichsansprüchen gegen den betriebsinhabenden Ehegatten, was wiederum zu Liquiditätsschwierigkeiten auf Unternehmensebene führt.
Vor diesem Hintergrund, empfiehlt es sich bei der Anstellung und Mitarbeit von Ehegatten, die ausdrücklich geschlossenen arbeitsvertraglichen Regelungen sorgfältig aufzusetzen und zur Sicherung der Betriebs-Assets die vereinbarten Regelungen nach vorgenannten Maßstäben umzusetzen.
Wir unterstützen in diesem Bereich fundiert und auf Basis aktuellster Rechtsprechung.
Zögern Sie nicht, uns anzusprechen.
Ihr
Andreas Fischer, MBA
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Fachanwalt für Familienrecht
Fachberater f. Unternehmensnachfolge (DStV e.V.)
Ulm, 20.01.2025