Keine Legitimationswirkung bei offensichtlich fehlerhafter Gesellschafterliste

Mit Beschluss vom 24.01.2024, Aktenzeichen 23 U 9287/21 entschied das OLG München, dass ein treuwidrig handelnder Gesellschafter-Geschäftsführer sich nicht auf die negative Legitimationswirkung von § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG berufen kann, wenn dies gegen Treu und Glauben spricht.

Was war geschehen:

A und B sind jeweils zu 50 % an gegenständlicher GmbH beteiligt. A ist zudem Geschäftsführer.

A berief eine Gesellschafterversammlung ein, in der dieser, ohne die Stimme von B einen Beschluss zum Ausschluss des B als Gesellschafter aus wichtigem Grund fasste.

Am selben Tag, reichte A in seiner Funktion als Geschäftsführer eine aktualisierte Gesellschafterliste, die B nicht mehr als Gesellschafter ausweist, beim zuständigen Handelsregister ein.

Den Ausschließungsbeschluss focht B erfolgreich an.

Jahre später, fasste A, ohne B ordnungsgemäß zu laden, im Rahmen einer Gesellschafterversammlung einen Auflösungsbeschluss der GmbH.

Hiergegen wandte sich B mit einer Nichtigkeitsklage gegen den Auflösungsbeschluss.

A wendet in Vertretung der GmbH die negative Legitimationswirkung des Handelsregisters gemäß § 16 Abs. 1. S. 1 GmbHG ein. Danach gilt im Verhältnis zur GmbH nur als Gesellschafter, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) eingetragen ist.

B wird im Handelsregister gerade nicht mehr als Gesellschafter geführt, musste – nach Auffassung von A – nicht mehr als Gesellschafter zur Gesellschafterversammlung geladen werden.

In vorliegender Konstellation konnte sich A jedoch gerade nicht auf diese negative Legitimationswirkung des Handelsregisters berufen, da auch die negative Legitimationswirkung unter dem Vorbehalt von Treu und Glauben (vgl. BGH NZG 219, 269) steht. A war die Unwirksamkeit des damaligen Ausschließungsbeschlusses gegen B durchaus bewusst. Den unwirksamen Ausschlussbeschluss führte A als Gesellschafter-Geschäftsführer gerade selbst herbei.

Das unredliche Verhalten von A muss sich die GmbH gemäß § 31 BGB analog zurechnen lassen.

Das Berufen auf die negative Legitimationswirkung von § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG war dem A demnach gemäß § 242 BGB verwehrt.

Der Auflösungsbeschluss war nichtig.

Ulm, den 02.11.2024

gez. RA Fischer

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht